ADS und ADHS
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Arztgeprüft

ADS und ADHS

Die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung bei Kindern - Ein unbändiges Temperament, Verhaltensweisen, die auch die geduldigsten Eltern an ihre Grenzen bringen und die verzweifelte Frage danach, wie das eigene Kind in späteren Schul- und Leistungssituationen bestehen kann. 

Dies sind nur einige Eindrücke und Fragezeichen von Eltern, die bei ihren Kindern eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung in Verbindung mit einer Hyperaktivitätsstörung vermuten.

Frau Dr. Rothe
von Dr. Anne Rothe
Kinderärztin
Thu, 22.06.2017 - 10:24 Fri, 11/20/2020 - 11:48

AD(H)S - die wichtigsten Fakten

Ob es sich bei sogenannten Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS), die im Zusammenhang mit Hyperaktivität (ADHS) auftreten kann, um eine Krankheit im eigentlichen Sinne handelt ist unter Medizinern und Psychologen umstritten. Grundsätzlich beschreiben die Begriffe ADS und ADHS, Symptome, wie:

  • sehr leichte Ablenkbarkeit,
  • wenig Konzentrationsfähigkeit,
  • eher aufbrausende, sehr temperamentvolle Wesenszüge,
  • sehr impulsives Handeln.

Diese genannten Punkte sind bei vielen Kindern naturgemäss stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen. Sind sie allerdings so stark, dass sie sie augenscheinlich an ihrer individuellen Entwicklung hindern und auch ihr Umfeld in hohem Masse beeinträchtigen, kann dies eine ärztliche bzw. auch psychotherapeutische Behandlung erfordern.

Es gibt zahlreiche Studien zum Thema AD(H)S. Je nachdem welche Studie zugrunde liegt, sind derzeit 3 bis 10 Prozent der Kinder in Deutschland von der Diagnose AD(H)S betroffen.

Kritiker dieser Krankheitsbezeichnungen bemängeln jedoch eine ihrer Ansicht nach hohe Zahl von Fehldiagnosen bzw. den zu frühen Einsatz von medikamentösen Therapien. AD(H)S wird wesentlich öfter bei Jungen als bei Mädchen festgestellt.

Dies lässt sich aus der unterschiedlichen Entwicklung von Mädchen und Jungen erklären. Jungen handeln meist wesentlich extrovertierter und impulsiver als ihre Altersgenossinnen.

AD(H)S - eine neurobiologische Störung?

Insbesondere Lebenssituationen, bei denen es auf Konzentration und Leistungsfähigkeit ankommt, bereiten den kleinen Patienten häufig grosse Schwierigkeiten. "Störenfried" und "Zappelphilipp" sind nur zwei Bezeichnungen, die vor der Erkenntnis von ADS / ADHS das Verhalten der betroffenen Kinder beschrieben.

Erfolgt ein nicht konzentriertes, hyperaktives Verhalten in krankhafter, das heisst für das betroffene Kind kaum oder nicht zu regulierender Form, werden in erster Linie laut derzeitigem Forschungsstand neuro-biologische Ursachen vermutet.

Es liegt eine sogenannte Reizfilterschwäche vor, da das Gehirn zu wenig Botenstoff Dopamin produziert. Das Dopamin hat die Aufgabe, den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Nervenzellen zu filtern und zu regeln. Fehlt es, strömen die Reize offen und unkontrolliert auf ein Kind ein.

Im Zusammenspiel mit sozialen Einflussfaktoren bestimmt sich der Schweregrad der ADS / ADHS-Symptome und kann gegebenenfalls weitere psychologische Störungen nach sich ziehen.

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass ADS/ADHS oftmals mit anderen Teilleistungsschwächen wie zum Beispiel der Dyskalkulie (Rechenschwäche) oder Legasthenie (Lese-/Rechtschreibschwäche) einhergeht und auch neben anderen Krankheitsbildern wie Autismus und Lernbehinderungen existieren kann.

ADS / ADHS bereits als Baby?

Ob sich eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung schon beim ungeborenen Baby bzw. im Säuglingsalter bestimmen lässt, darüber gehen die fachärztlichen Meinungen stark auseinander.

Eine hohe Aktivität im Mutterleib, sehr häufiges Schreien, Koliken, ein ständiger Bewegungsdrang, schlechter Schlaf sowie ein für die Eltern anstrengendes Verhalten beim Füttern gelten teilweise als Indizien für eine mögliche ADS / ADHS Störung.

Körperliche Nähe und Kuscheln scheinen zusätzlich nicht beruhigend zu wirken und werden mitunter sogar abgelehnt. Dieser Fakt verunsichert viele Eltern stark. Auch wenn der Verdacht auf AD(H)S zunächst nahe scheint, kann es sich auch einfach um eine zeitlich begrenzte Wachstumsphase handeln, die mit entsprechendem Verhalten einher geht.

Die Beratung und fachmedizinische Betreuung von Kinderarzt und Hebamme helfen an diesem Punkt oftmals weiter.

ADS / ADHS bei Kleinkindern

Folgende Verhaltensweisen können (müssen aber nicht) bei Kleinkindern auf ADS / ADHS hindeuten:

  • rastlose Aktivität,
  • planloses, scheinbar unberechenbares und häufig wechselndes Handeln,
  • wenig Ausdauer bei Gruppen- und Einzelspielen,
  • ein hohes Mass an Trotzreaktionen,
  • hohe Unfallgefährdung,
  • ein vergleichsweise früher Spracherwerb oder eine sehr verzögerte Sprachentwicklung,
  • ein sich eher isolierendes Sozialverhalten (wenig oder keine, gleichaltrigen Freunde).

Treten diese, von vielen Erwachsenen manchmal auch als "ungezogen" empfundenen Verhaltensmerkmale vorübergehend auf, können sie einfach entwicklungsbedingt oder auch eine Reaktion auf die bestehenden psychosozialen Umstände sein.

Eine gezielte Therapie von ADS / ADHS erfolgt aus entwicklungspsychologischen Gründen oft erst im Grundschulalter nachdem sowohl ein Kinderarzt als auch ein Psychotherapeut die Erkrankung festgestellt haben. Zu einer rein medikamentösen Behandlung raten viele Kindermediziner nur bei sehr schweren Fällen.

Eine ganzheitliche ärztliche und psychotherapeutische Begleitung der gesamten Familie eines vermutlich ADS / ADHS betroffenen Kindes bietet laut vielen Untersuchungen die besten Chancen auf eine gute kindliche Entwicklung.

Auch die Ergotherapie kann eine wichtige Rolle bei der Behandlung von ADS/ADHS bei Kindern spielen. So werden die Kinder in Ihrer motorischen Entwicklung und Ihrer Sinneswahrnehmung geschult und es wird ihnen (bzw. Ihren Eltern) beigebracht, sich selbst besser zu organisieren, um altersgerechte Aufgaben besser bewältigen zu können.

Dem oftmals hohen Bewegungsdrang wird mit strukturierten Bewegungsangeboten begegnet. Ziel ist dabei immer, das Selbstbewusstsein des betroffenen Kindes zu stärken, zugleich lernt es, sich dem Umfeld entsprechend angemessen zu verhalten. Liegen zusätzlich Sprachverzögerungen oder weitere Lernschwächen vor, so kann die Logopädie, beziehungsweise die Kinderpsychologie weiterhelfen.

Netzwerke und Selbsthilfegruppen nutzen

Von den Betroffenen selbst und ihrem Umfeld wird AD(H)S oftmals als sehr belastend wahrgenommen. Zahlreiche Netzwerke online und auch vor Ort, in denen Familien, Eltern und AD(H)S Erkrankte sich austauschen können, helfen diese Entwicklungsbesonderheit bei Kindern, die bis in das Erwachsenenleben andauern kann, erfolgreich zu meistern.

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Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.

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